Kopf hoch!

von Pastor Christhard Elle

„Kopf hoch!“, sagt man meist, wenn einem nichts Besseres einfällt. „Kopf hoch! Es wird schon irgendwie!“ Und angesichts der sich immer länger hinziehenden Pandemie weiß man bald auch nichts Besseres mehr zu sagen. Wie naiv, dass ich im März noch hoffte, alles könnte Ostern wieder ganz normal stattfinden. Und ich meinte damals 2020, nicht 2021. 

 Doch „Kopf hoch!“ ist nicht nur ein Verlegensheitswort, sondern gerade jetzt wichtig. „Kopf hoch!“, weil wir uns sonst völlig auf Corona fixieren. Alles um mich herum ist bestimmt von Corona. Doch sobald ich aufschaue, merke ich, was sonst noch, vielleicht sogar viel mehr, meine Aufmerksamkeit bekommen sollte: Dass die Polarstern einfach so über den Nordpol hinwegfahren konnte, weil dort viel zu wenig Eis war. Der Krieg in Berg-Karabach, der Terror in Wien und Nizza oder die Enthauptung des französischen Lehrers Samuel Paty. „Kopf hoch!“, das bewahrt vor allzu viel Selbstmitleid und hilft uns Anteil nehmen am Leid anderer. Was würden die Menschen in Syrien darum geben, wenn einfach nur die Restaurants geschlossen wären.

 Von unsicheren Zeiten berichtet uns auch das Neue Testament: Kriege und Naturkatastrophen, dass der Himmel ins Wanken kommt, all das kündigt Jesus in einer Predigt an. Kein Wunder, dass viele Menschen sich und unsere heutige Situation in der damaligen Beschreibung wiederfinden. Lukas hat das Wort aufgeschrieben, dass Jesus in diese schwierigen Zeiten hineinspricht „Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“ (Lukas 21, 28).

 Jesus sagt: „Kopf hoch!“ – nicht nur, damit ich neben mir selbst und meiner Situation auch die anderen sehe, und was sonst um uns herum passiert. Sondern: „Kopf hoch!“, weil wir sonst Jesus verpassen könnten. Wie Gott zu uns auf die Erde kommt. Wäre doch schade, wenn er käme, um mich, um uns an die Hand zu nehmen und in seine Arme zu schließen – und ich wäre so beschäftigt mit meinem Lamento, dass ich es nicht bemerkte. „Kopf hoch!“, das hilft uns, nicht das Wichtigste überhaupt zu verpassen.